Vorwort & Einleitung

 

 

Es ist die Geschichte meiner Heimat und die der größten Schlacht auf deutschem Boden. Die Ereignisse wurden von keinem beruflichen Historiker aufgearbeitet und sind schließlich nur Zeuge stummer Zeugnisse. Das der Boden vom Oderbruch einem vermittelt, die Menschen einem mitteilten, die Gebäude berichten, die Zukunft diesem Land brachte oder dem Tod, der auch nach diesem Krieg die Menschen noch erreichen sollte. Die Aufarbeitung stützt sich im Wesentlichen auf Aussagen und Niederschriften von Augen- und Zeitzeugen. Der Autor bringt Daten und Fakten ein, die er seit über 20 Jahren zusammengetragen hat. Die Ereignisse beschreiben die Dinge nur aus deutscher Sicht und man sollte es mir verzeihen, den Leser mit sowjetischen Einheitsbezeichnungen und Namen nicht verwirren zu wollen.

 

An der Oder-Front hatte man seltsame Flugzeuge eingesetzt, ferngelenkte Bomben kamen zum Einsatz, Marinespezialisten mit Sprengbooten und Kampfschwimmer hatte man hinzugezogen und zu guter Letzt auch noch den alles zu verachtenden Einsatz von Selbstopferpiloten im japanischen Kamikaze-Stil. Die Front an Land stand dem in nichts nach. So konnte man das langsame Sterben einer Stadt beobachten, menschliches Leid erfahren und man bekam Erinnerungen für die kommenden Tage mit… die einen nie wieder loslassen sollten. So wurde auf diesem Stückchen Erde das größte an Artillerie aufgefahren, was je in einem Krieg zum Einsatz kam. Die gewaltige Macht dieser Masse war die Hölle auf Erden und auch die sinnlos gegen die Seelower Höhen verheizten sowjetischen Soldaten geben in der Zahl ein fürchterliches Bild ab. All diese Igors, Sergejs, Viktors, Wladimirs oder Dieter, Hans, Klaus, usw… Die alle in einem Spiel mitspielen mußten, daß sie nicht gewollt haben. Mit Scheinwerfern wollte man den deutschen Feind blenden und der eigenen Truppe wurde dieses zum Verhängnis. Diese kamen gegen die verbissen, kämpfende deutsche Truppe nicht auf den Höhenzug an und so schickte ein vom Ehrgeiz zerfressender Befehlshaber seine Panzer in die Front, um selbst noch die Zahl der menschlichen Verluste zu erhöhen. Das Massensterben im Oderbruch begann jedoch nicht erst mit dem 16.April des Jahres 1945. Es begann bereits am 31.Januar 1945 und man nahm sich dann ein bisschen Zeit in dem flachen Land, die Todesnachrichten in tausendfacher Form in alle Himmelsrichtungen verbreiten zu können. Hier war das Feld der Eisernen Kreuze und der Ritterkreuze. Hier war das Feld für den Lenin-Orden und dem Helden der Sowjetunion. Hier war das Feld, wo die Jugend zu Grabe getragen wurde. Hier war das Feld, wo eine ganze Stadt starb und hier war das Feld, wo die Einwohner noch in langer Zukunft von diesen Tagen Erinnerungen finden werden.

 

Wenn man von Seelow ins Oderbruch fährt, kommt man nach Manschnow und durchfährt man diesen Ort erreichte man Küstrin. Die alte deutsche Stadt Küstrin an der Oder und am Zufluß der Warthe, in der man noch im Jahre 1932 seine 700 Jahre feierte, gibt es nicht mehr. Diese Stadt ist jetzt das polnische Kostrzyn und erstreckt sich hauptsächlich auf den Flächen der ehemaligen Küstriner Neustadt. Europa beginnt nun damit diese beiderseitige Zugehörigkeit, auch wenn die Sprachen rechts und links der Oder unterschiedlich wurden, zusammenzuführen.

 

Man verliebt sich in das Oderbruch beim ersten Anblick oder man findet es Öde. Viele jedoch verbinden diesen Landstrich mit schrecklichen Erlebnissen und quälenden Gedanken. Wenn der Besucher im Oderbruch, den Landstrich und dessen Orte als hässlich empfindet… so soll er das Denken. Nur er sollte nicht zu voreilig alles als Grau und Öde abstempeln. In keinem anderen Landstrich von Deutschland sind der Krieg und seine Narben immer noch so einschneidend sichtbar, wie im Oderbruch und den Dörfern der angrenzenden Höhenlage. Er sollte sich peinlichst hüten voreilig zu Urteilen und sich auf der Höhe nach den Kirchtürmen der einst reichen Oderbruch-Orte umschauen. Er sollte sich mal alte Postkarten betrachten und sich die Örtlichkeit vergleichend heute einmal anschauen. Nein, da war keine drastische architektonische Neugestaltung unternommen worden. Es war ein alles vernichten zu wollender Krieg, der seinem Ende entgegen ging und das machte ihn so gefährlich.

 

Die nachfolgende geschichtliche Aufarbeitung wurde nicht einfach dokumentarisch festgehalten. Der Autor war darum bemüht die Geschichte chronologisch zu berichten und vielmehr zu erzählen. Dabei Zusammenhänge zu erkennen und geschehene Ereignisse detailiert darzustellen. In der Aufarbeitung wurde hauptsächlich der Mittelabschnitt mit seinen Orten rechts und links der ehemaligen Reichsstraße 1 betrachtet. Ohne dabei den gesamten späteren Schlachtverlauf aus den Augen zu verlieren. Über die Orte Gorgast und Manschnow verliefen mit der Reichsstraße 1 und der Ostbahn, die direkten Verbindungen aus dem Westen nach Küstrin. Die Orte spielten bei der Zerschlagung der Festung Küstrin keine unwesentliche Rolle und mußten auch später dafür hinhalten, Aufmarschraum der Roten Armee für die Seelower Höhen und dem späteren Sturm auf Berlin zu werden.

 

                                                                                                                                                                                       Torsten Fudel

 

 


 

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